Cannabis gilt als eine der milderen illegalen Drogen und das Konsumieren als relativ ungefährlich. “Mary Jane” ist angekommen in der Mitte der Gesellschaft – und dem zu Ehren wollen die Politiker:innen der Bundesrepublik die Droge Marihuana noch in der anhaltenden Regierungsperiode legalisieren. Trotz der vielen positiven Auswirkungen der Pflanze stellt der Cannabiskonsum für einige Menschen ein Problem dar und sie entscheiden sich für einen Entzug. Ab wann wird der Konsum zur Sucht und wie läuft ein Entzug ab?
Inhaltsverzeichnis
Cannabis wird in drei Arten unterteilt: Cannabis Indica, Sativa (int. Link) und Ruderalis. Zum Konsum eignen sich vorwiegend die THC-lastigen Indica und Sativa Sorten.
Cannabinoide sind in Cannabispflanzen vorkommende chemische Verbindungen. Die Pflanze enthält über 100 verschiedene dieser Verbindungen, am bekanntesten sind jedoch die Wirkstoffe THC und CBD.
THC (Tetrahydrocannabinol) ist für seine berauschende und psychoaktive Wirkung bekannt. Allerdings machen sich Mediziner:innen auch die schmerzstillenden und appetitanregenden Effekte zunutze.
CBD (Cannabidiol) wirkt nicht berauschend, aber dennoch psychoaktiv. CBD gilt als gesundheitsfördernd. So kann Cannabidiol Ängste lösen und Entzündungen hemmen.
Die Wirkstoffe docken im menschlichen Körper an den jeweiligen Cannabinoid-Rezeptoren1 an und geben dort den Befehl zur Wirkung. Die wichtigsten Rezeptoren sind die CB-1 und CB-2 Rezeptoren, die sich sowohl im Gehirn als auch im zentralen Nervensystem finden.
Bevor THC seine Wirkung2 entfalten kann, muss es aktiviert werden. Das liegt daran, dass die Wirkstoffe im Rohzustand als Säure vorliegen. Um die THC-Säure in wirksames THC umzuwandeln, muss sie erhitzt werden. Dieser Vorgang nennt sich Decarboxylierung (int. Link) und findet während des Rauchens automatisch statt. Im Gehirn sorgt das THC an den CB-1 Rezeptoren für seine berauschende Wirkung. Der Rausch kann je nach konsumierter Sorte folgende Symptome verursachen:
Zu den Symptomen, welcher sich Mediziner:innen zu Behandlung schwerstkranker Patient:innen bedienen, gehören unter anderem folgende:
Neben diesen positiven Effekten dürfen die von Konsument:innen als unangenehm erlebten Wirkungen nicht außer Acht gelassen werden. Vorrangig treten sie bei einer Überdosierung auf:
Die Wirkung ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Dabei spielen die Konsumform (Rauchen oder Essen), die Dosis, die Umgebung und persönliche Verfassung eine große Rolle.
Im Wesentlichen unterscheiden sich die orale Einnahme und der inhalative Konsum voneinander.
In den meisten Fällen wird Cannabis inhaliert, also geraucht. Konsument:innen rauchen Joints, Blunts oder Bongs und nehmen das Tetrahydrocannabinol so über die Lunge auf. So gelangt das THC in die Blutbahn und schlussendlich an die jeweiligen Rezeptoren. Die Wirkung tritt innerhalb von wenigen Sekunden ein und hält bis zu dreixx Stunden an.
Darüber hinaus ist die orale Einnahme beliebt. In Lebensmitteln verarbeitet, konsumieren Nutzer:innen vor allem Süßigkeiten, die THC enthalten. Der Weg der Verdauung dauert dabei wesentlich länger, sodass bis zum Wirkungseintritt bis zu einer Stunde vergehen kann. Dafür dauert der Rausch in der Regel länger an.
Zu therapeutischen Zwecken kommt Cannabis oft in Tabletten– oder Ölform zum Einsatz. Es gibt verschiedene Medikamente, die je nach Symptomatik Verwendung finden.
“Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.” – Das hat Paracelsus, ein schweizerisch-österreichischer Arzt, der im 16. Jahrhundert lebte, gesagt und behält damit bis heute recht.
Cannabiskonsum ist nicht immer problematisch, sondern kann auch positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Cannabiskonsument:innen haben. Das gilt nicht nur für den medizinischen Gebrauch, sondern auch für den Freizeitkonsum.
Wann aber wird aus Freizeit Gewohnheit und ab wann ist das Ganze ein Problem? Die Fragen sind nicht einfach zu beantworten, weil die Antworten so individuell sind wie die Menschen, die Cannabis konsumieren.
Es kann also Personen geben, die seit Jahren täglich Cannabis konsumieren und damit streng genommen als abhängig gelten, ihren Alltag aber in allen Belangen souverän meistern. Für diese Personen stellt der Gebrauch von Cannabis also kein Problem dar, das sie angehen müssen.
Andere Menschen nutzen Cannabisprodukte vielleicht ähnlich häufig, können sich aber ein Leben ohne grüne Brille nicht wirklich vorstellen und verlieren außerdem zunehmend die Kontrolle über ihren Alltag. Wenn das so ist, lässt sich mit Sicherheit sagen: Der Cannabiskonsum ist problematisch.
Um die Grenze zwischen “problematischem” und “nicht problematischem” Nutzen der Droge besser ziehen zu können, haben Expert:innen Konsummuster3 analysiert und eine Einteilung vorgenommen. Diese sind jedoch weit gefasst und daher praktisch nur schwer anwendbar.
„Weiches“ Konsummuster
„Hartes“ Konsummuster
Laut der World Health Organization4 (WHO) ist Abhängigkeit ein “seelischer, eventuell auch körperlicher Zustand, der dadurch charakterisiert ist, dass ein Mensch trotz körperlicher, seelischer oder sozialer Nachteile ein unüberwindbares Verlangen nach einer bestimmten Substanz oder einem bestimmten Verhalten empfindet, das er nicht mehr steuern kann und von dem er beherrscht wird. Durch zunehmende Gewöhnung an das Suchtmittel besteht die Tendenz, die Dosis zu steigern. Einer Abhängigkeit liegt der Drang zugrunde, die psychischen Wirkungen des Suchtmittels zu erfahren, zunehmend auch das Bedürfnis, unangenehme Auswirkungen ihres Fehlens (Entzugserscheinungen wie Unruhe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Angstzustände, Schweißausbrüche) zu vermeiden. Abhängigkeit wird heute als Krankheit angesehen.”
Im Klartext bedeutet das: Betroffene Personen können sich ein Leben ohne die Droge nicht vorstellen und die Beschaffung sowie der Konsum bestimmen den Alltag.
Klingt mehr nach Heroin als nach Cannabis? Das mag auf den ersten Blick sein, jedoch ist nicht jede Abhängigkeit gleich. Cannabis bringt vorwiegend eine psychische Abhängigkeit mit sich. Daher bringt auch ein Entzug vorwiegend seelische Entzugserscheinungen mit sich.
Folgende Entzugssymptome5 können auftreten:
Die meisten Beschwerden treten innerhalb von 48 Stunden auf und erreichen nach vier bis sechs Tagen ihren Höhepunkt, bevor sie in der Regel nach ein bis drei Wochen verschwinden.
Auch wenn die Entwöhnung von Cannabis weniger körperliche Symptome mit sich bringt als der Entzug von chemischen Substanzen, hilft es vielen Betroffenen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hier findest Du eine Auswahl an Beratungsstellen zum Thema Cannabis-Entzug, die Du kontaktieren kannst, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen:
Wofür Betroffene sich im Falle eines Entzugs entscheiden, hängt von vielen persönlichen Faktoren sowie den individuellen Lebensumständen ab. Ein entscheidender Punkt ist vor allem: Trauen Konsument:innen es sich zu, die Zeit allein durchzustehen und standhaft zu bleiben?
Der Entzug ohne professionelle Hilfe scheint bei einer Droge wie Cannabis das zunächst naheliegendste. Der Vorteil ist die individuelle Herangehensweise. Betroffene können ihrem Alltag weiter nachgehen und niemand merkt, dass ein gesundheitliches Problem vorliegt. Allerdings sind Personen, die den Prozess alleine durchlaufen, auch wirklich auf sich allein gestellt und haben keine Hilfe dabei, wichtige Strategien im Umgang mit Entzugssymptomen zu entwickeln. Ohne professionelle Ansprechpartner:innen kann es schwer sein, standhaft zu bleiben. Ein Tipp: Ablenkung durch gesundheitsfördernde Aktivitäten wie Sport oder Entspannungsübungen.
In einer ambulanten Therapie6 arbeiten Betroffene mit einem Coach oder einer Therapeut:in die Motive für den Konsum von Cannabis auf und entwickeln Strategien, um die Cannabis-Sucht zu bekämpfen. In den meisten Fällen finden ambulante Angebote in tagesklinischen Einrichtungen statt. Das bedeutet, die Therapiezeiten finden an Werktagen vormittags statt. Den restlichen Tag, die Nächte und die Wochenenden verbringen Patient:innen zu Hause in ihrer gewohnten Umgebung. Das hat den Vorteil, dass Teilnehmer:innen die gelernten Inhalte gleich in die Tat umsetzen und eventuelle Rückschläge aufarbeiten können. Die “Käseglocke” fehlt also.
Stationäre Entwöhnungstherapien finden in psychiatrischen Einrichtungen ab. Um die Therapie antreten zu können, müssen Patient:innen allerdings bereits nüchtern sein. Dann ist der Alltag der ambulanten Therapie nicht unähnlich. Jedoch befinden sich Patient:innen über mehrere Wochen in einem geschützten Rahmen, in dem sie kaum Triggern ausgesetzt sind. Oft entscheiden sich Betroffene im Anschluss an einen stationären Aufenthalt für eine ambulante Weiterbetreuung, um das Gelernte besser umsetzen zu können.
Cannabis kann abhängig machen – genau wie jedes andere Genussmittel. Daher ist es wichtig, bewusst zu konsumieren und das eigene Verhalten immer wieder zu reflektieren. Sollte Dir das nicht gelingen, gibt es zahlreiche Hilfsangebote. Der Artikel ersetzt keine medizinische oder therapeutische Beratung und dient lediglich der Information.
Der “akute” Cannabis-Entzug, also die Entgiftung von Cannabis beginnt innerhalb von 48 Stunden und erreicht nach circa 6 Tagen den Höhepunkt. Bis zum Abklingen der Beschwerden können zwei Wochen vergehen. Währenddessen treten häufig Symptome wie Schwitzen, Stimmungsschwankungen und ein starkes Verlangen nach Gras und Haschisch auf. Das psychische Verlangen kann jedoch weitaus länger bestehen bleiben, weshalb es ratsam ist, sich professionelle Unterstützung zu suchen.
Wie lange der Cannabis Entzug andauert, ist abhängig von der Person und des vorangegangenen Cannabiskonsums. Eine ambulante Cannabis Therapie kann sechs bis zwölf Monate oder länger dauern. Wenn Du Dich für eine stationäre Behandlung entscheidest, kann die Therapie sechs bis 26 Wochen dauern. Wichtig ist es, einen Schritt nach dem anderen zu gehen und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Mit Durchhaltevermögen und der Unterstützung deiner Familie und anderen Vertrauenspersonen steht der langfristigen Cannabis Abstinenz nichts im Weg.