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June 21, 2022

Cannabis Wirkung – Das passiert beim Konsum

Was vor zehn Jahren noch total utopisch klang, ist heute Realität: Cannabis ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und steht kurz vor der Legalisierung. Bei  einer telefonischen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)  im Jahr 2019 gaben 46,4 Prozent der befragten Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren an, Cannabis schon einmal probiert zu haben.1 Zum Vergleich: Im Jahr 2008 lag die Zahl bei lediglich 40,9 Prozent.2 Dazu kommen die zahlreichen schwerstkranken Konsumierenden, die seit 2017 medizinisches Cannabis auf Rezept erhalten3. Liest sich fast, als ob ein Großteil der Gesellschaft genau Bescheid wüsste in Sachen Marihuana. Dennoch: Was ist Cannabis und wie wirkt die Pflanze?

Cannabis Grundlagen – ein Blick hinter die Kulissen

Fangen wir mit der grundlegendsten Frage an: Was ist Cannabis?

Cannabis ist der lateinische Begriff für “Hanf”. Im Großen und Ganzen meint das Wort also die Gattung der Hanfpflanze. Davon gibt es drei verschiedene Sorten, die jeweils unterschiedlich wirken. 

Cannabis-Sorten

Die drei Sorten nennen sich Indica, Sativa und Ruderalis. Nicht alle eignen sich zum Konsum. Aber worin unterscheiden sie sich?

  • Cannabis sativa: wächst vor allem in Jamaika, Kolumbien und Thailand und erreicht dabei eine Höhe von bis zu 5 m. Die Wirkung von Cannabis Sativa wird als “kopflastig” beschrieben. Konsument:innen erleben den Konsum als inspirierend, aktivierend und motivierend. Sativa kann das Wohlbefinden und die  Konzentration verbessern, darüber hinaus regt es den Appetit an.
  • Cannabis indica: Die vorrangig in Indien, Afghanistan und im Libanon vorkommende Pflanze wächst zwar nur bis zu 2 Meter in die Höhe, in ihrer Wirkweise kann sie aber locker mit ihrer Sativa-Schwester mithalten. Cannabis indica wirkt eher körperlich, Konsumierende verspüren eine tiefe Entspannung und Beruhigung. Dementsprechend kann Indica Angstzustände lindern und Patient:innen beim Einschlafen helfen. In manchen Fällen hilft die Cannabissorte sogar gegen Migräne. 
  • Cannabis ruderalis: Die kleinste ihrer Art ist Cannabis ruderalis mit einer Wuchshöhe von lediglich 50-100 cm. Die Pflanze findet sich vorrangig in Russland, Mitteleuropa und Zentralasien. Der THC-Gehalt der Ruderalis ist zu gering, als dass sie für den Freizeitkonsum interessant wäre. Der CBD-Gehalt kann sich aber durchaus sehen lassen, daher werden die  Blüten für medizinische Zwecke genutzt.

Du möchtest tiefer ins Thema einsteigen? Dann lies unseren Artikel  “Sativa vs. Indica”

Haschisch

Haschisch ist keine eigene Cannabis-Sorte, sondern ein Hanf-Produkt, welches aus den jeweiligen Sorten Indica oder Sativa hergestellt wird.

Genau genommen handelt es sich dabei um das gepresste Harz der Pflanze4, also: Viel Wirkstoff auf wenig Produkt. Die THC-Konzentration kann bei bis zu 30 Prozent liegen, bei Cannabis liegt die Konzentration bei maximal 20 Prozent, jedoch eher deutlich darunter. Dementsprechend ist die Wirkung vor allem eines: deutlich stärker als die der Blüten.

Das aus den Blüten der Pflanze gewonnene Harz wird zu Platten oder Blöcken gepresst, dann kann die bräunliche Substanz wie Cannabis-Blüten konsumiert werden. 

Unterschiedliche Konsumformen

Du hast vielleicht schon davon gehört, dass Cannabiskonsum viele Gesichter hat. Für welche Konsumform sich Nutzer:innen entscheiden, hängt dabei im Wesentlichen von den persönlichen Vorlieben ab. 

  • Der Klassiker ist mit Sicherheit das Rauchen: Joints, Blunts, Bongs … Die Vielfalt kann sich sehen lassen. Eine weitere Art des Inhalierens ist das Verdampfen von Cannabis. Der inhalierte Rauch bleibt während des Konsums kalt und das ist weniger gesundheitsschädlich. 
  • Personen, die überhaupt nicht rauchen möchten, sind möglicherweise Fans von Edibles: Hier wird Cannabis verschiedensten Lebensmitteln zugeführt. Unter anderem sind Hash-Brownies, Space-Cookies, THC-Gummibärchen oder THC-Sirup beliebt bei den Konsument:innen. Dabei ist es allerdings wichtig, das Cannabis vor dem Verarbeiten zu aktivieren. Der Begriff heißt Decarboxylierung.5 Cannabis produziert über 100 Cannabinoide wie THC und CBD, die alle als Säure in der Pflanze vorliegen und erst durch die Decarboxylierung in die “aktive” Form umgewandelt werden.
  • Zum medizinischen Gebrauch werden auch Cannabis-Tabletten oder -Öle hergestellt. Diese erhalten die Patient:innen konsumfertig in der Apotheke. So kennen die Patient:innen die Dosis ganz genau und können die Wirkung besser beeinflussen.

Die Wirkung von Cannabis

Vor allem die Wirkstoffe THC und CBD sind für die Wirkweise der Blüten verantwortlich. THC bringt die berauschenden und psychoaktiven Effekte mit sich, die Cannabis zu einem Betäubungsmittel machen.6 

Zu diesen Wirkungen zählen die Folgenden:

  • Entspannung
  • Euphorie
  • Starke Gefühle von Freude und Verbundenheit
  • Gesteigerte Kreativität
  • Müdigkeit

Darüber hinaus macht sich die Medizin die Wirkung der Cannabispflanze zur Behandlung zahlreicher Krankheiten zunutze.7 Der Inhaltsstoff lindert unter anderem stärkste chronische Schmerzen, regt den Appetit an, hilft gegen Übelkeit und kann sich positiv auf die Psyche der Konsument:innen auswirken. Auch in der Behandlung zahlreicher neurologischer Erkrankungen feiert die Medizin Erfolge mit dem Einsatz von Cannabis-Medikamenten. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Medikamenten ist unter anderem, dass Cannabis-Arzneimittel vergleichsweise wenige Nebenwirkungen verursachen.

CBD wirkt gleichermaßen psychoaktiv, allerdings bringt das Cannabidiol keine berauschenden Eigenschaften mit sich.

CBD kann sich ebenso positiv auf das seelische Befinden auswirken. Außerdem kann es entzündungshemmend8 sein und die  Wirkung von Schmerzmitteln9 unterstützen. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass die Behandlung mit CBD das Anfallsleiden von Epileptiker:innen beeinflussen kann.9 Einige Patient:innen, die in schwerster Form von Epilepsie betroffen sind und nicht auf konservative Behandlungsmethoden ansprechen, erzielten große Erfolge mit CBD.

Nebenwirkungen von Cannabis

Im Vergleich zu herkömmlichen Medikamenten sowie anderen Drogen bringt der Hanf-Konsum relativ wenige Nebenwirkungen mit sich. Dennoch berichten manche Menschen von unerwünschten Nebenwirkungen beim Konsum von Cannabis. Dazu können Symptome wie Trägheit, Übelkeit sowie das Erleben von Psychosen führen. Letzteres droht vor allem, wenn die Substanz von schlechter Qualität ist. Oft treten die unerwünschten Wirkungen auch bei einer Überdosierung auf.

CBD hingegen bringt erfahrungsgemäß kaum bis keine Nebenwirkungen mit sich. Jedoch hängt die Wirkung scheinbar auch hier von der Dosis ab. So kann eine niedrige Dosierung müde machen und bei Schlafproblemen helfen, während eine größere Menge aktivierend wirken kann. 

Wo wirkt Cannabis?

Die Wirkstoffe der Cannabispflanze, auch Cannabinoide genannt, wirken an den Cannabinoid-Rezeptoren11 des Körpers. Am bekanntesten sind die Cannabinoid-1 (CB-1) sowie die Cannabinoid-2 (CB-2) Rezeptoren. Sie befinden sich an unterschiedlichen Orten und geben ebenso unterschiedliche Wirkungen in Auftrag. Generell kannst Du Dir die Rezeptoren wie Postbot:innen vorstellen. Wenn Du beispielsweise einen Joint rauchst, erhält der jeweilige Rezeptor eine Nachricht mit  dem Auftrag “Appetit anregen”. Diesen Auftrag  leitet er an die entsprechenden Zellen im Gehirn weiter und Deine Hand greift in die Chipstüte. 

Aber warum verfügt unser Körper überhaupt über Cannabinoid-Rezeptoren? Das liegt daran, dass der Körper des Menschen bei Bedarf von Natur aus mit eigenen Cannabinoiden – sogenannten Endocannabinoiden – arbeitet. Das sind also Wirkstoffe, die “einfach so” vorhanden sind und mit dem Endocannabinoidsystem12 kommunizieren. Dieses System ist noch lange nicht vollumfänglich erforscht, ist aber an vielen physiologischen Prozessen beteiligt und macht es überhaupt möglich, dass THC wirkt, wie es wirkt. 

Der Cannabinoid-1 Rezeptor CB-1

Der CB-1 Rezeptor ist seinem Partner CB-2 zahlenmäßig überlegen und bietet damit die meisten Bindungsstellen für Endocannabinoide (körpereigene) sowie Phytocannabinoide (von außen zugeführte Cannabinoide) an. Das Headquarter der CB-1 Postbot:innen befindet sich im Gehirn, hier wird überwiegend im Kleinhirn, dem Hippocampus sowie den Basalganglien gearbeitet. Außenstellen haben die Rezeptoren im Rückenmark, den weißen Blutkörperchen, einigen Zellen der Haut sowie den Mastzellen (Zellen, die Krankheitserreger abwehren) etabliert. 

An ihren Wirkungsstätten nehmen die Rezeptoren Einfluss auf: 

  • Emotionen wie Angst, Freude, Euphorie 
  • Das Empfinden von Schmerzen
  • Die Verarbeitung von Informationen
  • Appetit und Schlaf
  • Motorik

Der Cannabinoid-2 Rezeptor CB-2

Die kleinere Gruppe der CB-2 Rezeptoren arbeitet überwiegend in verschiedenen Immunzellen und hilft dort dabei, Entzündungsprozesse zu stoppen oder zu mindern. Auch im zentralen Nervensystem finden sich immer wieder kleine Grüppchen der Rezeptoren.

Wirkunterschiede nach Konsumform

Prinzipiell ist die Wirkung von Cannabis immer ähnlich. Dennoch reagiert jede Person anders auf die Droge. Außerdem nehmen Faktoren wie die Form des Konsums Einfluss auf die Intensität, in der Du Deinen Rausch erlebst:

  • Inhalieren/Rauchen: Beim Inhalieren tritt die Cannabis Wirkung meist innerhalb von wenigen Sekunden ein. Allerdings flacht sie auch schnell wieder ab. Nach zwei bis drei Stunden verflüchtigt sich der Rauschzustand. Intensiver kommt der Rausch via Bong, hier inhalierst Du in kürzester Zeit viel Wirkstoff. 
  • Edibles: Die Wirkung von Edibles kommt schleichend: Weil das THC erst verdaut werden muss, bevor es die Blut-Hirn-Schranke passieren kann, vergehen bis zum Eintritt des Rausches gut und gerne zwei Stunden. Dafür hält der Zustand länger an: Bis zu sechs Stunden vergehen, bevor die Wirkung abnimmt.

Rechtliches/Disclaimer

Der Anbau, Besitz und Handel von sowie mit Marihuana ist in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor verboten. Das Rauschmittel unterliegt dem Betäubungsmittelschutzgesetz13, somit zählt es zu den illegalen Drogen. Der Artikel dient dem Zweck der Weitergabe von Informationen und ist keinesfalls eine Handlungsaufforderung. Darüber hinaus ersetzt das Lesen des Artikels keine medizinische Beratung, solltest Du Fragen zu Wirkung, Nebenwirkungen, Erkrankungen oder Risiken des Konsums haben, findest Du adäquate Hilfe bei Ärzt:innen oder Drogenberatungsstellen.

FAQ’s

Wie verändert  sich ein Kiffer?

Prinzipiell muss der Konsum von Cannabis gar keinen negativen Einfluss auf die Persönlichkeit von Menschen haben. Im Gegenteil: Cannabis hat viele positive Effekte. Allerdings sollten Jugendliche auf den Konsum von Cannabis verzichten. Während dieser Zeit ist das Gehirn noch in der Entwicklung und kann daher massive Langzeitschäden durch den Konsum erleiden. Auch Erwachsene sollten die Droge bewusst konsumieren und sich ihrer Wirkungen bewusst sein.

Wie gefährlich ist ein Joint?

Schon Paracelsus hat’s gewusst: “Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.” Das gilt nicht nur für Cannabis, sondern für jede bewusstseinsverändernde Droge, also auch für Alkohol. Daher macht ein Joint Dich mit Sicherheit nicht krank, dennoch solltest Du Dir darüber im Klaren sein, dass Cannabis zu den Betäubungsmitteln zählt. Weil der Rauch des Joints heiß ist und das Gras meist mit Tabak vermischt, schadet der Konsum zusätzlich Deiner Lunge.

  1. Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2019: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/Drogenaffinitaet_Jugendlicher_2019_Basisbericht.pdf 
  2. Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2008: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/drogen_af_2008_illegalle–76dbdab107389c2bb58fa0c3416b50dc.pdf 
  3. Medizinisches Cannabis auf Rezept: https://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/_node.html  
  4. https://www.chemie.de/lexikon/Haschisch.html
  5. Decarboxylation of THCA to active THC: https://static.t-cdn.net/5f7bf9bee3d3336673947f95/posts/5f7e18e09809b55c37539fd5/60659_16-10-25-Decarboxylation-of-THCA-to-active-THC.pdf 
  6. THC Wirkung: https://hanfverband.de/inhalte/cannabis-wirkung-nebenwirkungen-und-risiken 
  7. Medizinisches Cannabis: https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/cannabis 
  8. Transdermal cannabidiol reduces inflammation and pain related behaviors in a rat model of arthritis: Transdermal cannabidiol reduces inflammation and pain‐related behaviours in a rat model of arthritis – Hammell – 2016
  9. CBD bei Schmerzen: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7700528/ 
  10. CBD Epilepsie: https://www.readcube.com/articles/10.1038/s41598-019-44056-y 
  11. Cannabinoid Rezeptoren https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8286859/ 
  12. Endocannabinoidsystem https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19559360/ 

Betäubungsmittelgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/btmg_1981/BJNR106810981.html

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