Bevor wir in diese sensible Thematik eintauchen: Ja, Cannabis kann süchtig machen. Auch wenn eine Cannabisabhängigkeit im Vergleich zu Rauschmitteln wie Kokain oder Heroin auf den ersten Blick unschuldig wirkt. Vielleicht wurde die berauschende Pflanze auch deshalb lange Zeit verteufelt, aber unter den illegalen Drogen doch nicht so ganz ernst genommen. In den letzten Jahren hat sich die Sicht auf die Hanfpflanze und ihr Potenzial gewandelt: Cannabis findet in der Medizin als hochwirksames Medikament immer mehr Anerkennung und die Legalisierung von Cannabisprodukten steht kurz bevor. Aber auch das Thema der Cannabis-Abhängigkeit und die Auswirkungen auf die Gesundheit liegen stärker im Fokus als noch vor ein paar Jahren und Betroffene finden bei Beratungsstellen Hilfe.
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Für die meisten Freizeitkonsument:innen ist die Erwartung an ein wohliges High die Motivation, die hinter dem Konsum steckt. Je nach Strain berichten Konsumierende von unterschiedlichen Erlebnissen.
Auf der ganzen Welt werden die Blüten der Pflanze aufgrund ihrer teils entspannenden, teils euphorisierenden Wirkungen geschätzt. Der Star der Geschichte? Der psychoaktive Wirkstoff THC. Der Akteur, der die Sause möglich macht? Das Endocannabinoid-System im menschlichen Körper. Hier docken THC und andere Cannabinoide an, sodass das System die entsprechenden Effekte in Auftrag geben kann.
Viele Menschen haben ein klares Bild, wenn sie sich einen Cannabis-Rausch vorstellen: Nachdem am Joint gezogen wird, werden alle Süßigkeiten-Verstecke geplündert, man kichert über Belanglosigkeiten und redet wie ein Wasserfall. Die von den Kiffer-Komödien der frühen 2000er Jahre geprägten Klischees sind zwar nicht ganz falsch, dennoch kann sich jeder Konsum anders anfühlen. Wie genau Du die Wirkung erlebst, hängt von den verschiedenen Strains der Cannabispflanze ab. Die Sorten enthalten unterschiedlich viel THC, CBD sowie eine Vielzahl an Terpenen. Außerdem spielt Deine persönliche Verfassung eine Rolle.
Darüber hinaus kann der Konsum von Cannabis folgende Symptome hervorrufen1:
Mediziner:innen sprechen von einer Cannabisabhängigkeit, wenn Betroffene im letzten Jahr mindestens drei der folgenden Symptome erlebt haben2:
Darüber hinaus spielt natürlich der eigene Leidensdruck eine Rolle. Ist Deine aktuelle Lebenssituation nur schwer auszuhalten und vermutest Du selbst eine Cannabisabhängigkeit, liegst Du damit in der Regel richtig.
First things first: Nicht jede Person, die gerne Joints raucht, entwickelt eine Sucht – auch nicht bei regelmäßigem Konsum. Es gibt allerdings Faktoren, die das Auftreten von Problemen mit Drogen im Allgemeinen erhöhen. Vor allem das Motiv des Konsums spielt eine entscheidende Rolle. Wer Cannabis nutzt, um unangenehme Gefühle zu verdrängen, ist gefährdeter, eine Abhängigkeit zu entwickeln3.
Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass insbesondere junge Menschen betroffen scheinen, die mit Unsicherheit, Ängstlichkeit, einem instabilen familiären Umfeld oder hohen Leistungsanforderungen zu kämpfen haben4.
Auch Depressionen, herabgesetzte soziale Kompetenzen, schwere Belastungen, Stress und traumatische Erlebnisse gelten als Risikofaktoren5 – schließlich führt der Genuss von Cannabis oftmals einen Entspannungszustand herbei, der in diesen Situationen kurzfristig Linderung verschaffen kann. Darüber hinaus wird Cannabis bei Erkrankungen wie Depressionen oder PTBS (posttraumatische Belastungsstörung) auch als Medikament angewendet – die Intention ist also nachvollziehbar.
Die Diagnose wird vor allem durch Gespräche gestellt. In vielen Fällen suchen Betroffene eine Drogenberatungsstelle auf, in der sie mit Sozialarbeiter:innen über ihre Problematik sprechen. Andere kommen vielleicht durch gesundheitliche oder rechtliche Probleme in Kontakt mit Beratungsstellen, Mediziner:innen oder Therapeut:innen.
Der individuelle Leidensdruck ist wichtig für die Diagnostik, außerdem erfragen die Expert:innen das Konsummuster der betroffenen Person.
Wenn Du den Verdacht hast, dass Dein Cannabiskonsum problematische Ausmaße angenommen hat, findest Du an verschiedenen Stellen Hilfe. Neben Haus- und Fachärzt:innen sind unabhängige Beratungsstellen oft eine große Unterstützung.
In einigen Beratungsstellen kannst Du Dich anonym beraten lassen und erhältst erste wichtige Informationen zum Thema Sucht. Bei Bedarf können die Sozialarbeiter:innen Dich an entsprechende Institutionen weiterleiten und Dir eine kleine Starthilfe im Prozess geben.
Gut zu wissen: Die Mitarbeiter:innen einer Drogenberatungsstelle unterliegen der Schweigepflicht – somit sind eure Gespräche vertraulich und Du musst keine rechtlichen Konsequenzen befürchten, wenn Du Dich jemand anvertraust. Das gilt nicht, wenn die Mitarbeitenden von einer akuten Selbst- oder Fremdgefährdung ausgehen müssen.
Je nach individueller Situation kannst Du die Therapie ambulant, in einer Tagesklinik oder stationär beginnen. Vor einer Suchttherapie steht jedoch immer ein Entzug an – zur Aufnahme musst Du bereits frei von jeglichen Drogen sein. Das musst Du während der gesamten Therapie bleiben – auch Alkohol ist verboten.
Du möchtest die Hilfe einer Drogenberatungsstelle in Anspruch nehmen? Wir haben eine kleine Übersicht erstellt:
Drogenberatung online:
Drogenberatung vor Ort:
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen verfügt über ein Verzeichnis der Beratungs- und Therapieangebote in Deutschland.
Telefonische Drogenberatung:
Unter der Telefonnummer 030/19237 bietet der Drogennotdienst Berlin 24 Stunden am Tag überregionale Beratungen für Betroffene und deren Angehörige an.
Ein weiches Konsummuster ist geprägt von unregelmäßigem Cannabisgenuss und bringt nur selten Langzeitfolgen mit sich. Bei einer Cannabis-Abhängigkeit sieht das anders aus: Hier können körperliche und psychische Beschwerden auftreten.
Eine Cannabis-Sucht bleibt selten folgenlos. Besonders problematisch ist sie allerdings für Jugendliche. Denn: Ihr Körper, insbesondere das Gehirn, befindet sich noch in der Entwicklung. Rauschmittel jeder Art können die empfindlichen Strukturen aus dem Gleichgewicht bringen und für Langzeitfolgen sorgen.
Neueren Erkenntnissen zufolge wirkt sich regelmäßiger Cannabisgenuss auf unsere Hormone aus12 – und genau die spielen in der Pubertät eine entscheidende Rolle: Nur, wenn die Produktion bestimmter Substanzen angekurbelt wird, setzen die körperlichen Veränderungen ein. In dieser Zeit können Störungen des endokrinen Systems besonders gravierend ausfallen.
So zeigte das Ergebnis einer Studie, dass 20-jährige, die als Jugendliche zwei- bis dreimal pro Tag Cannabis geraucht hatten, durchschnittlich fast 12 Zentimeter kleiner waren als gleichaltrige Nicht-Konsument:innen. Eine schlechte Ernährung und andere Einflüsse ließen sich ausschließen13.
Immer mehr Studien zeigen, dass Cannabiskonsum in jungen Jahren das Gehirn beeinträchtigen kann: In dem Bereich, wo viele Cannabinoid-Rezeptoren sitzen, ist das Volumen der grauen Substanz größer als bei Jugendlichen, die noch nie Cannabis konsumiert haben14.
Besonders auffällig sind die Amygdala, die an der Entstehung von Angst und anderen Emotionen beteiligt ist, und der Hippocampus, Arbeitsspeicher und Schaltstelle zwischen Kurz- und Langzeitgedächtnis15.
Auch wenn einige Konsument:innen den regelmäßigen Konsum gut verkraften und viele sogar von den positiven Effekten von THC und CBD profitieren, bleibt das Risiko der Abhängigkeit bestehen. Daher ist es wichtig, die Probleme der Betroffenen ernst zu nehmen.
Der Besitz, Handel sowie Anbau von und mit Cannabis ist in Deutschland aktuell verboten. Daher dient der Artikel lediglich der Bereitstellung von Informationen zum Thema und ist nicht als Handlungsaufforderung zu verstehen.
Genau wie jede andere Sucht ist auch die Cannabis-Abhängigkeit eine ernstzunehmende Erkrankung. Betroffenen fällt es mitunter schwer, sich ein Leben ohne die Droge vorzustellen und der Konsum hat oberste Priorität. Auf der Suche nach Hilfe sind Drogenberatungsstellen empfehlenswert. Nach einem Entzug können Patient:innen Rahmen einer Cannabis Therapie das Leben ohne Drogen wieder erlernen.
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